Klarer Fall: NoBillag ist der falsche Weg, um die SRG abzustrafen für Sendungen, die einem nicht gefallen oder allenfalls sogar aufgeregt haben. Wir brauchen eine gute und starke SRG, das gehört zum Service Public. Die Bodensee-Nachrichten haben nachgefragt:
Wann haben Sie das letzte Mal Schweizer Fernsehen geschaut und was war es für eine Sendung?
Ich schaue regelmässig die Tagesschau oder 10vor10, selten aber beides.
Gegner wie Befürworter der Initiative sehen sich auf SRF derzeit fast permanent mit den Olympischen Spielen konfrontiert. Wieso müssen alle Gebührenzahler für die Spiele bezahlen, auch wenn man sich nicht für die Wettkämpfe in Südkorea interessiert?
Diese Diskussion ist nicht zielführend. Das kann doch nicht der Grund für oder gegen die SRG sein, ob man Olympia gut oder schlecht findet, ob man sich dafür interessiert oder nicht. Es ist richtig, dass die SRG ein breites Angebot hat, das vielen unterschiedlichen Interessen dient und sich einem qualitativen und unabhängigen Journalismus verpflichtet. Für mich ist das grössere Problem, dass die SRG für die Übertragungsrechte ungeheuer teure Konzessionen bezahlen muss. Das widerspricht auch dem Geist von Olympia.
Falls die Billaggebühren wegfallen würden, ist von vielen Seiten zu hören, dass finanzkräftige Investoren mehr Macht erhalten und somit die Meinungsbildung der Bürger beeinflussen können. Was ist Ihr Standpunkt zu dieser Aussage?
Der SRG würden mit dem Wegfall der Gebühreneinnahmen 75 % ihrer Geldmittel entzogen und damit die Grundlage für ihre Existenz. Achten sie doch, was die privaten Fernsehsender im deutschsprachigen Raum produzieren. Sie wollen doch nicht im ernst solches Fernsehen.
Was denken Sie, wie viele Franken pro Jahr ist das Stimmvolk bereit, für die Solidarität mit den Rätoromanen auszugeben?
Die Schweizer Bevölkerung ist bereit, den Rätoromanen die ihnen zustehenden Sendegefässe mitzufinanzieren. Der gute Umgang mit Minderheiten ist in unserer kleinräumigen vielsprachigen Schweiz sehr wichtig – ein Erfolgsmodell. Die Jungfreisinnigen, die diese Initiative ergriffen haben, sollten sich vielleicht besser mal einen Literaturclub auf SRF anschauen als nur die von Ueli Maurer empfohlenen Buchhaltungskurse besuchen.
Inwiefern würden aus Ihrer Sicht mit einer Abschaffung der Billag die Medienqualität und die Vielfalt leiden?
Es wäre dem Bund nach einem Ja zu No-billag untersagt, Radio- und Fernsehgebühren einzutreiben und es würde ihm untersagt Radio- und Fernsehstationen zu betreiben. Die Vielfalt würde nicht leiden, es gäbe sie ganz einfach nicht mehr. Auch FM1 und TVO wären davon betroffen. Sie kassieren ebenfalls Billag-Gelder.
Wer wäre der grosse Verlierer, wenn die Billag abgeschafft würde?
Unsere Gesellschaft: Sie, du, ihr, ich, wir alle. Die gut verankerte SRG mit ihren vielfältigen Fernseh- und Radioprogrammen würde verstummen.
Ihre Gegner behaupten, dass durch die Abschaffung der Billag eine grössere Kaufkraft jedes Haushaltes in der Schweiz entstehen würde. Jeder Haushalt würde 450 Franken pro Jahr mehr im Sack haben. Was halten Sie dagegen?
Die Gebühr wird ja ab 2019 reduziert auf 365 Franken. Die Billag zog 2016 1,3 Milliarden Franken ein, das ergibt pro Kopf 163 Franken. Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz beträgt 659 Milliarden Franken, also machen die Konzessionsgebühren 0,2 % des BIP aus. Glauben Sie nicht im ernst, das würde die Kaufkraft entscheidend verändern. Da sind die überbordenden Krankenkassenprämien das viel grössere Problem. Die belasten die Famillienbudgets!
Wie haben Sie den Abstimmungskampf bis jetzt wahrgenommen?
Initianten und Befürworter posaunen schamlos ihre libertären Parolen und versuchen sie salonfähig zu machen. Es geht diesen Leuten nur noch ums eigene Ego, ums eigene Portemonnaie: „Ich bezahle nur genau für das, was ich will und auch für das am liebsten noch weniger.“ Diese grassierende Geiz-Mentalität lehne ich ab. Unsere Gesellschaft kann so nicht funktionieren. Als nächstes wollen diese Geizhälse vielleicht noch die Volksschule privatisieren, damit sie ja nicht bezahlen müssen, wenn sie keine Kinder haben…
Die letzten Umfragen zeigen einen Nein-Trend zu «No-Billag» von bis zu 65 Prozent – ist die Abstimmung bereits gelaufen?
Ich bin überzeugt, dass die Schweizerinnen und Schweizer anerkennen, was wir mit den zahlreichen gebührenfinanzierten Fernseh- und Radioprogrammen für ein tolles Angebot haben und dass die NoBillag-Vorlage schädlich ist für uns alle. Ich würde mich deshalb freuen, wenn die Stimmbeteiligung möglichst hoch wäre und möglichst viele die Vorlage bachab schicken.
Worauf führen Sie den Umschwung seit Ende Jahr in den Umfragen zurück: Ihre Kampagne oder auf den sogenannten Plan B der Initiativbefürworter?
Die Billag AG ist nur die von der SRG beauftragte Firma, welche die Gebühren einzieht. Diese Firma ist in der Schweiz kein Sympathieträger. Es wurde ihr per 31. Dezember 2018 der Auftrag entzogen und der Gebühreneinzug wird neu organisiert. Die Stimmbürgerinnen haben dieses wichtige Detail erkannt. Es geht um unsere SRG. Und die wollen wir weiterhin. Sie wird sich in der Zukunft wandeln müssen. Und das ist auch gut.
Gibt es bei Ihnen die Befürchtung, dass die Umfragen täuschen und schlussendlich ähnliches droht wie bei der Minarettinitiative, wo alles nach einer Ablehnung aussah und die Vorlage schlussendlich doch vom Volk angenommen wurde?
Ich hoffe nicht. Ich sage immer: Demokratie ist anspruchsvoll. Man kann nicht einfach aus dem Bauch heraus, wegen einer bestimmten Laune, ein Exempel statuieren. Die SRG unter der Leitung von Roger de Weck hat Fehler gemacht. Das ist erkannt. Es wird unter der Leitung von Gilles Marchand Veränderungen geben. Und das ist gut so.
Was ist Ihre Prognose für den Ausgang der Abstimmung am Sonntag 4. März?
Die No-Billag-Initiative wird klar abgelehnt. Die Schweizerinnen und Schweizer wollen eine gute und starke SRG und sind auch bereit, ihren Beitrag zu leisten.
Interviewfragen von Marino Walser, Bodensee-Nachrichten, www.bodensee-nachrichten.ch