Verpasste Chance in der Berufsbildung

Die Organisation der Berufsschulen ist seit Jahren ein grosses Thema im Kanton. Ca. dreieinhalb Jahre brauchte das Bildungsdepartement, um nach einer ausführlichen Situationsanalyse einen Vorschlag auszuarbeiten, wie das Problem mit gravierenden und teuren Schwachstellen behoben werden könnte. Konkret ging es um:

  • fehlende Linienkompetenz bzw. Durchsetzungskompetenz durch das ABB,
  • fehlende Führung und Steuerung der Berufsfachschulen aus einer Hand,
  • fehlendes durchgehendes und abgestimmtes Führungssystem und
  • fehlende Regelungen und Instruktionen bezüglich der Berufsfachschulkommissionen.

 

 

Es braucht keinen Experten um festzustellen, dass dies in einem 230-Millionen-Haushalt vermutlich zu teuren Irrläufern führt. Alles bezahlt vom Steuerzahler. Umso erstaunlicher war es, dass die Regierung zum Schluss kam, eine Linienorganisation vorzuschlagen mit klaren Zuständigkeiten für das Amt für Berufsbildung. Dazu aber wollte man unbedingt an der Milizorganisation mit den Berufsfachschulkommissionen festhalten und die Präsidien mit 10-%-Pensen zu versehen. Aus Sicht der SP reine Geldverschwendung. Auch eine Halbtages-Anstellung pro Woche für branchenfremde Gewerbetreibende oder Milizpolitiker vermögen die geforderte Professionalisierung nicht zu erfüllen. Bildungschef Kölliker wies in der Debatte im Kantonsrat darauf hin, wie wichtig und unverzichtbar diese Kommission trotz gravierendem Versagen in den Vorjahren nach wie vor sei, zumal die ganze Personalpolitik und die Anstellung von den Hundertschaften von Lehrpersonen an den Berufsschulen in ihrer Verantwortung läge. Er verschwieg damit zwei diskret in der Botschaft angebrachte Sternchen (*), die bereits jetzt vorsehen, dass die Kompetenz für die Anstellung der Lehrpersonen, den Rektoraten übertragen werden. Und zwar einheitlich für alle neun Berufsschulen im Kanton. So könnte man also getrost auf die diese Milizorganisation verzichten und den Rektoren voll die Verantwortung übertragen. Schade auch, dass diese Kommissionen sich weiterhin selber erneuern dürfen. Das Parlament lehnte unseren Antrag nach Transparenz und Ausschreibung dieser Ämter ab. Voraussetzung für die Wahl in ein solches Amt ist ein «wirtschaftlicher Hintergrund». Was immer das bedeuten soll. Wetten, dass schon in naher Zukunft die Organisation der Berufsschulen wieder auf der politischen Traktandenliste stehen wird?

 

Rorschach, 22. Oktober 2018

Guido Etterlin, Kantonsrat